Ein neuer Blick auf die menschliche Evolution in unserem Konsortium mit Paola Cerrito
Seit diesem Jahr hat Paola Cerrito, PhD, den Lehrstuhl für menschliche Evolution an der Universität Zürich übernommen und ist zudem als Principal Investigator im NCCR Evolving Language tätig. Ihre Forschungsarbeit zur menschlichen Evolution fokussiert sich auf die Lebensgeschichte, also ein artspezifisches Muster von Wachstum, Überleben und Fortpflanzung.
Menschen haben eigenartige Fortpflanzungspraktiken. „Bei Menschen leben Frauen lange nach dem Ende ihrer Fortpflanzungsperiode“, betont Paola Cerrito. „Das ist ein ungewöhnliches Verhalten unter Säugetieren, normalerweise ist das nicht der Fall.“ Menschen neigen auch dazu, Kinder in kurzen Abständen zu bekommen. Darüber hinaus werden menschliche Kinder früher entwöhnt als die meisten anderen Arten, bevor sie selbstständig sind: Sie können nicht laufen, sprechen oder Nahrung suchen…
Warum ist das so? Laut Paola Cerrito verlassen sich Menschen stark auf alloparentale Pflege, das bedeutet, dass Kinder nicht nur von ihren Müttern, sondern auch von anderen Mitgliedern der Gemeinschaft aufgezogen werden. In ihrer früheren Forschung fand sie dank der Untersuchung fossiler Zähne heraus, dass Neandertaler seltener Kinder hatten als Homo sapiens, was darauf hindeutet, dass sie kein alloparentales Pflegesystem hatten. Andererseits verlassen sich andere Tiere, wie Seidenäffchen oder Erdmännchen, auf Mitglieder der Gruppe, um Kinder aufzuziehen. „Es ist interessant zu untersuchen, welche selektiven Drucke diese konvergente Evolution begünstigt haben. Sowohl die Soziologie als auch die Biologie dieses Verhaltens interessieren mich“, sagt die Forscherin.
Im Rahmen des NCCR Evolving Language wird Paola Cerrito einige Voraussetzungen für die Evolution und Entwicklung von Sprache untersuchen. Tatsächlich werden menschliche Kinder präverbal geboren: Sie können nicht sprechen, müssen aber dennoch ihre Bedürfnisse mitteilen. Dabei beobachten wir die Rolle von Gesichtsausdrücken in der Kommunikation. „Frühere Studien haben gezeigt, dass es mehr neuronale Kontrolle über Gesichtsmuskeln bei den Arten gibt, die alloparentale Pflege praktizieren“, erklärt Cerrito. Kohortenstudien und vergleichende Arbeiten werden den Zusammenhang zwischen kooperativer Aufzucht, Sprachentwicklung und Evolution aufdecken.
