Menschenaffen verfolgen Subjekt-Objekt-Beziehungen auf die gleiche visuelle Weise wie Menschen
Menschenaffen verfolgen Ereignisse mit ihren Augen auf die gleiche Weise wie wir Menschen. Dies geht aus einer Studie von den Universtäten Neuchâtel und Zürich hervor, die am Dienstag in der Zeitschrift PLOS Biology veröffentlicht wurde.
Pressemitteilung von Plos Biology.
Ein Schimpanse, der am Eye-Tracking-Experiment teilnimmt, schaut auf den Bildschirm. © Zoo de Bâle.
Wenn Menschen eine Katze sehen, die eine Maus jagt, bewegt sich ihr Blick zwischen den beiden Tieren hin und her. Die dadurch erhaltenen Informationen werden benötigt, um die Tiere in einer sogenannten Agent-Patient-Beziehung miteinander zu verbinden, wobei die Katze der Agent und die Maus der Patient ist.
Dieser kognitive Mechanismus wird als eine der Grundlagen für die Evolution der menschlichen Sprache angesehen, da er sowohl die Art und Weise wie Menschen Ereignisse wahrnehmen bestimmt, als auch die Struktur der Sprache festlegt. Um herauszufinden, ob Menschenaffen in der Lage sind, Agent-Patient-Beziehungen zu erkennen, zeigten Vanessa Wilson, damals Forscherin an der Universität Neuchâtel, und ihre Kolleg*innen 14 Erwachsenen 84 kurze Videoclips und untersuchten ihre visuellen Reaktionen. Die Forschenden verglichen die menschlichen Antworten mit denen von fünf Schimpansen, zwei Gorillas und zwei Orang-Utans aus dem Basler Zoo. Ausserdem führten sie den Test mit 29 Säuglingen im alter von 6 Monaten durch.
Essen verändert die Lage
Die Studie ergab, dass die Menschenaffen und die Erwachsenen, ihre Aufmerksamkeit mehrheitlich auf die Agenten und die Patienten richteten. Sie wechselten ihre Aufmerksamkeit oft zwischen den beiden ab, wobei sie sich mehr auf den Agenten konzentrierten, wenn dieser mit Nahrung hantierte. Ausserdem neigten Menschen dazu, sich vollständig auf Agenten und Patienten zu konzentrieren, während Menschenaffen etwas mehr auf den Hintergrund achteten. Doch während Menschenaffen dazu neigen, den Ereignissen wie erwachsene Menschen zu folgen, ist dies bei sechs Monate alten Babys nicht der Fall. Diese interessieren sich vor allem für den Hintergrund.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Art und Weise, wie das Gehirn Ereignisse ordnet, evolutionär älter als Sprache ist. Sie zeigen auch, dass die Einteilung von Ereignissen in Agenten und Patienten, nicht nur eine Eigenschaft des Menschen ist, sondern vielmehr eine kognitive Fähigkeit, die von allen Hominiden geteilt wird. Weitere Studien werden notwendig sein, um zu verstehen, warum Menschenaffen trotzdem nicht wie Menschen kommunizieren, und um zu verstehen, wie Menschen die Sprache entwickelt haben.
Die Autor*innen fügen hinzu: „Die aus den Eye-Tracking-Daten gewonnenen Blickmuster legen nahe, dass Menschenaffen wie erwachsene Menschen kausale Handlungen in Agenten- und Patientenrollen zerlegen können, was für die Sprache von entscheidender Bedeutung ist. Unsere Ergebnisse stimmen mit einem kognitiven Mechanismus überein, der von Menschen und Affen geteilt wird. Dies impliziert, dass sich das Verfolgen von Rollen lange vor der Sprache entwickelt hat“.