Der Einfluss von Dr. Jane Goodall auf die Community des NFS Evolving Language: ein Rückblick
Am 1. Oktober 2025 verstarb Dr. Jane Goodall im Alter von 91 Jahren. Ihre unzähligen Beiträge im Laufe ihres langen Lebens haben die Primatologie grundlegend verändert und unser Verständnis des Menschen als Teil des Tierreichs neu geprägt. Besonders in der Erforschung der Evolution der menschlichen Sprache, einem zentralen Anliegen des NFS Evolving Language, zeigt sich, wie stark unsere heutige Forschung von dem durch Jane Goodall angestossenen Wandel profitiert.
In diesem Artikel blicken Mitglieder des NCCR Evolving Language auf den Einfluss zurück, den Dr. Goodall auf ihre wissenschaftliche Arbeit und ihr persönliches Leben hatte und auch weiterhin haben wird.
Jane Goodall im Gombe National Park © Jane Goodall Institute
Vertieft in geduldige Beobachtungen
Jane Goodall wurde 1934 in London geboren und war schon von klein auf von Tieren und ihrem Verhalten fasziniert. In einem interview mit dem “The Guardian” (2023) erinnerte sie sich daran, dass sie seit ihrem zehnten Lebensjahr davon träumte, mit Tieren zu leben und Bücher zu schreiben.
Mit Anfang zwanzig reiste Goodall nach Afrika und begann als Sekretärin unter dem Archäologen und Paläontologen Louis Leakey zu arbeiten. Leakey war überzeugt, dass die Erforschung von Menschenaffen, wie z.B. Schimpansen, Einblicke in das Verhalten der frühen Menschen geben könnte. So begann Goodall ihre lebenslange Beobachtung von Schimpansen in freier Wildbahn, obwohl sie keinen wissenschaftlichen Hintergrund hatte.
Goodall sass stundenlang tief im Wald des Gombe Stream Nationalparks (Tanzania) und beobachtete die Interaktionen und Verhaltensweisen der Schimpansen. Um ihre Beobachtungen festzuhalten, gab sie jedem Schimpansen einen Namen, anstatt die Individuen wie in der Feldforschung üblich mit Nummern zu kennzeichnen. Und was sie sah, stellte bisherige Annahmen infrage.
Eine Revolution in der Welt der Wissenschaft
Während ihrer Feldstudien beobachtete Jane Goodall, dass Schimpansen Allesfresser waren, die sich zur Jagd organisieren. Sie sah auch, wie sie Werkzeuge herstellen und benutzen. Eine Eigenschaft, von der man dachte, dass sie nur beim Menschen vorkommt.
Goodall’s Arbeit war ein Meilenstein, der deutlich machte, dass der Mensch nicht vom Rest des Tierreichs getrennt ist. Wie sich in den folgenden Jahren auch bei anderen Tieren herausstellte, haben Schimpansen komplexe soziale Strukturen und Kommunikationsformen, genauso wie wir Menschen. Wie Goodall gegenüber der BBC erklärte (2025), waren die Verhaltensweisen, die wir heute bei Menschen und Schimpansen beobachten können, wahrscheinlich auch schon bei unserem letzten gemeinsamen Vorfahren vorhanden. Es ist daher vorstellbar, dass frühe Menschen freundschaftliche Beziehungen pflegten, sich umarmten und einander mit Zweigen fütterten.
Obwohl einige Praktiken heute nicht mehr als angemessen gelten, wie beispielsweise das Berühren oder Füttern der Schimpansen, bleibt ihr Vermächtnis in der Feldmethodik bestehen. Tatsächlich sind viele Arbeiten der Forschenden des NFS Evolving Language stark von Jane Goodall’s Entdeckungen und Beobachtungsmethoden beeinflusst, da sie den Grundstein für das Verständnis des Verhaltens und der Kommunikation von Menschenaffen gelegt hat.
Von der Forscherin zur Aktivistin
Jane Goodall engagierte sich intensiv für die Öffentlichkeitsarbeit. Schon früh wurde sie bei ihrer Feldforschung von Hugo van Lawick unterstützt, einem Naturfotografen und Filmemacher für National Geographic, der ihre Arbeit mit Schimpansen dokumentierte. Aus ihrer Zusammenarbeit entstand 1965 ein Dokumentarfilm mit George Orwell als Sprecher, der dazu beitrug, ihre Forschungsarbeit einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Im Laufe ihrer Karriere schrieb Goodall zahlreiche Bücher für Laien, in denen sie komplexe wissenschaftliche Ideen verständlich machte und das Interesse für den Artenschutz weckte. Als sie bemerkte, wie die Bedrohungen für Schimpansen zunahmen, beispielsweise durch die Zerstörung ihres Lebensraums aufgrund von Abholzung oder durch die Misshandlungen in medizinischen Forschungseinrichtungen, erkannte sie die Notwendigkeit, das Bewusstsein der Menshcen zu schärfen und Massnahmen zu ergreifen.
Als Reaktion darauf gründete sie 1977 das Jane Goodall Institute (JGI), um Naturschutzbemühungen zu unterstützen und den Tierschutz zu fördern. Später, im Jahr 1991, startete sie das Programm Roots & Shoots. Damit ermutigte sie junge Menschen auf der ganzen Welt dazu, sich als Akteure des Wandels zu engagieren, indem sie sich an Projekten zum Schutz der Umwelt, der Tierwelt oder ihrer Gemeinden beteiligten. Mit ihrer Stimme und ihrer globalen Plattform wurde Jane Goodall zu einer Verfechterin des Tierschutzes, des Friedens und des Lebens im Einklang mit der Natur.
