Sonderausgabe über soziale Interaktion
Sieben NFS-Mitglieder haben an einer von Raphaela Heesen und Marlen Fröhlich herausgegebenen Sonderausgabe mitgewirkt, die empirische und theoretische Beiträge zu der Idee enthält, dass Sprache wahrscheinlich durch eine besondere Fähigkeit zur sozialen Interaktion ermöglicht wurde.
Als wesentlicher Aspekt unserer sozialen Interaktionen ist die Sprache sowohl ein Beweis als auch ein Rätsel. Ein Beweis, weil wir sie jeden Tag benutzen, und ein Rätsel, weil wir immer noch nicht wissen, warum der Mensch der einzige ist, der diesen komplexen Mechanismus besitzt. In einer Sonderausgabe, die diese Woche in den Philosophical Transactions of the Royal Society veröffentlicht wurde, untersuchen Raphaela Heesen von der Durham University und Marlen Fröhlich von der Universität Tübingen eine der aktuellen Theorien zur Sprachevolution, die “Interaction Engine” Hypothese.
Diese Hypothese postuliert, dass die Evolution der Sprache durch eine einzigartige Reihe von Interaktionsfähigkeiten, zusammengefasst als “Interaktionsmotor”, als Anpassung an die zunehmenden Anforderungen der gemeinsamen Handlungskoordination mit Gleichaltrigen erleichtert wurde. Zu diesem Zweck haben die beiden Herausgeberinnen theoretische und empirische Studien von Forschenden aus verschiedenen Disziplinen zusammengetragen. Und da es nicht möglich ist, in der Zeit zurückzugehen und aus fossilen Funden zu verstehen, wie Sprache entstanden ist, haben die Autoren und Autorinnen vergleichende Methoden angewandt, um zu den Ursprüngen der Sprache zurückzugehen, indem sie natürliche soziale Interaktionen zwischen Menschen (hauptsächlich menschlichen Kindern) und nicht-menschlichen Primaten verglichen.
Das Innovative an dieser Sonderausgabe – Die vergleichende Methode überwindet disziplinäre Grenzen. Indem sie Forschende mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenbringen, öffnen die Herausgeberinnen die Tür zu neuen Möglichkeiten der Diskussion und Forschung zu diesem Thema. “Wir hoffen, dass diese Ausgabe den Stellenwert der vergleichenden Forschung zur sozialen Interaktion in den Verhaltenswissenschaften weiter festigen und etablieren wird und weitere Forschungen zu den Eigenschaften von Interaktionsmotoren bei nicht-menschlichen Arten anregt”, erklären die Herausgeberin.
Warum ist diese Hypothese von zentraler Bedeutung für das Thema – nstinktiv könnte man sagen, dass die Sprache den Menschen sozial gemacht hat. Die Interaktionsmotor-Hypothese geht allerdings den umgekehrten Weg: Sie postuliert, dass sich die Sprache nur deshalb entfalten konnte, weil der Mensch über starke soziale Fähigkeiten verfügt. Statt sich auf die Sprache als solche zu konzentrieren, haben die Autoren und Autorinnen also die Möglichkeit, die Verhaltenskomponenten rund um die menschlichen sozio-kognitiven Fähigkeiten nachzuzeichnen und zu untersuchen, wie sich diese im Laufe der Zeit entwickelt haben.
NFS Evolving Language direkt involviert – Der NFS Evolving Language betrachtet Sprache als ein komplexes System, das durch eine Konvergenz einzigartiger Merkmale (u.a. biologischer, neurologischer, kognitiver und sozialer Art) entstanden ist. Viele dieser Merkmale sind auch in der Tierwelt weit verbreitet. Die Entstehung sozio-kognitiver Fähigkeiten bei Mensch und Tier scheint daher ein wesentlicher Teil des Puzzles zu sein, das die menschliche Sprache darstellt. Sieben Forschende des NFS Evolving Language haben daher vier Beiträge für das Sonderheft verfasst.
Entdecken Sie unsere Pressemitteilung über eine Studie mit NCCR-Beteiligung
Unsere sozialen Interaktionen beginnen schon in jungen Jahren
Kinder zeigen schon früh im Leben soziale Fähigkeiten und einen starken Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren. Sie beteiligen sich häufiger an sozialen Interaktionen als unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen, so eine Studie unter der Leitung von Forschenden der University of California, San Diego und der Universität Neuenburg.