Eine aufregende neue Position für Prof. Alexis Hervais-Adelman: Wie geht es weiter?
Ab September 2023 wird Alexis Hervais-Adelman eine Stelle als Assistenzprofessor in der Abteilung für grundlegende Neurowissenschaften an der Universität Genf antreten. Als Neurolinguist gilt sein Hauptinteresse dem Studium dessen, was er “extreme Sprache” nennt: “Es handelt sich dabei um einen Begriff, der Formen von Sprache umfasst, die nicht der Norm entsprechen oder nicht ideal sind, z.B. der Prozess des Simultandolmetschens oder das Verstehen von akustisch verschlechterter Sprache (z.B. Sprache, die von einem Cochlea-Implantat oder einem Videoanruf mit schlechter Qualität übertragen wird).“
Foto © Zofia Sek
Alexis hat bereits seit Beginn des NFS Evolving Language eng mit diesem zusammengearbeitet, da sich ihre Themen überüberlappen. Sein anfängliches Interesse galt der Frage, wie hochgradig gehörlose Personen mit Cochlea-Implantaten Sprache verstehen können. Cochlea-Implantate sind Geräte, die die natürliche Umwandlung von Schallwellen, die sonst an die Cochlea, den Teil des Ohrs, der für den Empfang des Schallsignals und dessen Weiterleitung an das Gehirn zuständig ist, übertragen werden, in elektrische Signale ersetzen. “Diese Geräte haben Schwierigkeiten, die Komplexität von Sprache und anderen Geräuschen in einfache elektrische Signale zu übersetzen, was zu einer schlechten Qualität des Signals auf spektraler Ebene führt. Das Gehirn muss diese Lücken kompensieren, um das Verstehen der Sprache zu ermöglichen“. Zu seiner Überraschung stellte sich heraus, dass Hirnareale, die an der Kontrolle der Sprachproduktion beteiligt sind, auch an der Kompensation beteiligt sind. In einem separaten Forschungsbereich untersuchte er, wie Simultandolmetscher ihre Sprachen kontrollieren, um die anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen, eine Sprache zu verstehen und gleichzeitig eine andere zu sprechen. In diesem Bereich stellte er fest, dass Kerne, die mit Handlungsteuerung und motorischer Kontrolle zu tun haben, für die Sprachsteuerung entscheidend zu sein scheinen. Diese Kerne sind in Strukturen eingebettet, die über alle Arten hinweg gut erhalten sind und sogar bei Reptilien eine handlungssteuernde Funktion haben. “Das deutet für mich darauf hin, dass sich die ursprüngliche Funktion der Kerne im Laufe der Evolution verändert hat. Diese Überlegungen haben mich dazu gebracht, über die Evolution nachzudenken und im NFS Evolving Language mitzuwirken“.
Zu Beginn dieses neuen Kapitels seiner Karriere wird er weiterhin mit anderen Forschern des NFS zusammenarbeiten. “Ich möchte mich weiterhin mit dem Lernen im Mutterleib befassen und mittelfristig epigenetische Veränderungen untersuchen, die mit der Hörerfahrung in Zusammenhang stehen könnten“. Er hat auch neue Projekte im Sinn: “Ich plane, die zeitlich aufgelösten Hirnreaktionen zu untersuchen, die mit der Konstruktion von Bedeutung bei der Verarbeitung von Sätzen zusammenhängen, wobei ich die neue Infrastruktur der Magnetoenzephalographie (MEG) nutzen möchte, die im Biotech-Campus in Genf zur Verfügung steht“. Weitere mögliche Forschungsthemen sind die Untersuchung von Gebärdensprache und Gesten.
“Bislang habe ich die Evolution der Sprache hauptsächlich aus ontogenetischer Sicht betrachtet, d. h. mit Fokus auf die Entwicklung des Organismus, aber es ist auch wichtig, die Evolution der Arten zu berücksichtigen, was ich zu erarbeiten hoffe.”